Diesen Monat haben wir wieder einen absoluten Klassiker für euch – vor allem auch was die Jahreszeit betrifft.
Es ist Winter. Die Temperaturen draußen sind frostig, alles ist gefroren und glänzt und glitzert weiß. Da werden auch bei unseren Vierbeinern die Augen groß, wenn der erste Schnee fällt. Also nichts wie raus ins frostige Vergnügen und schnell durch den Schnee über die Felder rasen oder zu einer lustigen Rutschpartie über die gefrorenen Pfützen.
Nach dem Gassi erfolgt zuhause dann manchmal die Erkenntnis: irgendwie lahmt der Hund jetzt. Ein Hinterbein wird nicht mehr richtig belastet und wenn überhaupt wird sich nur noch auf die Zehenspitzen gestellt. In der Tierarztpraxis kommt während der Untersuchung der Verdacht: Kreuzbandriss. Oft kennt man diese Erkrankung auch von uns Menschen, gerade Fußballspieler sind häufig betroffen. Tastet der Tierarzt die Hinterbeine eures Hundes ab, so stellt er oft fest, dass das Knie am betroffenen Bein dick angeschwollen ist und eine „Schublade“ auslösbar ist. Beim sogenannten Schubladen-Test lassen sich Oberschenkel und Unterschenkel gegeneinander verschieben, wie eine Schublade die aus einer Kommode nach vorne raus gezogen wird. Dies darf bei einem intakten Knie mit festen Kreuzbändern nicht der Fall sein!
Der Aufbau der Kniegelenke bei Hunden und Menschen ist in etwa ähnlich, allerdings wird das Kniegelenk in einem anderen Winkel gehalten (wir stehen aufrecht). Auch beim Hund ist das Knie ein Scharniergelenk, das die Verbindung zwischen Ober- und Unterschenkel sowie der Kniescheibe herstellt. Das Kreuzband hat seinen Namen, weil sich die beiden Bänder in der Mitte des Kniegelenks kreuzen. Wenn eines der Kreuzbänder reißt, ist die Stabilität des Knies vermindert und die Gelenkflächen im Knie reiben aufeinander, sodass es dadurch schnell zu schmerzhaften Entzündungen und letztendlich zu Arthrosen kommt. Außerdem wird der Meniskus, der „Stoßdämpfer“ im Knie, durch das fehlende Kreuzband stark belastet.
Der Kreuzbandriss erscheint im ersten Moment wie ein akuter Vorfall , ist in Wahrheit aber fast immer ein langer (chronischer) und degenerativer Prozess. Das Kreuzband wird über Monate immer instabiler und „spröder“, wie ein Seil, dass sich langsam aufribbelt. Irgendwann kommt es dann plötzlich zum endgültigen Reißen des lange überbeanspruchten Kreuzbands, zum Beispiel bei einer ungünstigen Bewegung im Spiel oder beim Ausrutschen auf einer glatten Fläche.
Wir raten im Falle eines Kreuzbanderkrankung immer zur chirurgischen Versorgung, um dem Knie wieder die Stabilität zu gewährleisten und die genannten Arthrosen zu verhindern.
In unserer Praxis bieten wir dafür zwei verschiedene Operationstechniken an: die TPLO und die Kapselraffung mit seitlichem Fadenzügel.
Die TPLO (Tibia Plateau Leveling Osteotomy) ist eine sogenannte Umstellungsosteotomie und wird besonderes bei großen und schweren Patienten angeraten. Hierbei wird der Unterschenkelknochen, die Tibia, durchgesägt, in einem ausgemessenen Winkel versetzt und wieder mit einer speziellen Platte und Schrauben fixiert. Dadurch wird die Belastung beim Laufen vom Knie gerade auf den Unterschenkel umgelenkt und das Knie wird entlastet.
Im Fall von Pepe haben wir uns für die zweite Variante, die Kapselraffung entschieden. Bei dieser Technik erfolgt die Stabilisation durch das enge zusammen Nähen der vorhandenen Strukturen (Gelenkkapsel und Faszie). Dies wirkt wie eine vom Körper gebaute Manschette und stabilisiert das Gelenk von außen. Diese Methode ist weniger invasiv, es muss kein Knochen gesägt werden und kein Implantat eingesetzt werden. Allerdings ist der Erfolg gewichtsabhängig (je schwerer der Hund ist, umso schwieriger ist es für das Gewebe, das Knie stabil zu halten).
Da wir generell von einer Degeneration durch Überlastung der Kniegelenke ausgehen müssen, ist eine beidseitige Erkrankung nicht selten. Bei Pepe war es tatsächlich so, dass die geplante Kapselraffung nach gründlicher Voruntersuchung am linken Knie erfolgen sollte. Doch einige Tage vor der OP konnte er auf einmal gar nicht mehr Laufen, er ist eigentlich nur noch mit den Hinterbeinen gehüpft…
Der Grund: das andere Kreuzband war auch noch gerissen!
Dies ist natürlich für Patient und Besitzer eine doppelte Belastung, im wahrsten Sinne des Wortes… Wir entschieden uns am Tag der OP also erstmal dafür, die „instabilere“ Seite, also rechts, zu operieren.
Beide Kniegelenke auf einmal zu operieren ist unserer Meinung nach meistens nicht anzuraten, da die Rehabilitation bei beidseitig operierten Hinterbeinen sehr schwierig ist.
Wenn alles Weitere nach Plan läuft, wird Pepe in ca. 6-8 Wochen auf der zweiten Seite operiert werden können.
Auch wenn Gelenkoperationen eine längere Zeit der Rehabilitation benötigen (ca. 3 Monate), dies kennt man ja auch genauso aus der Humanmedizin, ist insgesamt die Prognose sehr gut.
Die meisten Patienten können mittelfristig auch ohne Medikamente wieder lahmheitsfrei laufen. Eine sehr gute Unterstützung der Heilung bieten die mittlerweile zum Glück weit verbreiteten manuellen Therapeuten (Physiotherapie, Osteopathie, Reha-Mediziner). Diese Therapie kann nach der erfolgten OP die Muskulatur nicht nur sehr gut erhalten, sondern auch noch stärken.
Wir wünschen nun Pepe erstmal für das erste Bein alles Gute und allen unseren Patienten und Patientenbesitzern einen guten Start ins neue Jahr!