Das ist doch noch lange kein Beinbruch! … oder vielleicht doch?

Unser Patient des Monats ist Zwergpudel Lisa, die leider momentan den Sommer nicht so genießen kann, wie sie es wahrscheinlich möchte.

Als Lisa nach einer Autofahrt mit ihrem Herrchen zu ungeduldig aus dem Wagen springen wollte, stürzte sie und verletzte sich an ihrem Arm. Auftreten war kaum möglich und sie hatte starke Schmerzen, also packte ihr Herrchen sie direkt wieder ins Auto und fuhr zu seinem Haustierarzt. Die Kollegen vor Ort machten Röntgenaufnahmen von Lisas Arm und dort bestätigte sich schon der üble Verdacht: Lisa hatte sich eine Radius – Ulna Fraktur zugezogen. Radius und Ulna sind die beiden Knochen des Unterarms, Elle und Speiche. In Lisas Fall handelte es sich um eine Schrägfraktur beider Knochen. Die Kollegen vor Ort überwiesen Lisa dann samt Röntgenaufnahmen zu uns zur OP.

Bei Knochenfrakturen, also Knochenbrüchen, gibt es allerlei OP Methoden um die betroffenen Knochen wieder in Position zu bringen und miteinander zu verbinden.

Im besten Fall kann man bei unseren Haustieren – wie auch bei uns Menschen- einfach einen Gipsverband anlegen. Das funktioniert allerdings nur, wenn auf der Röntgenaufnahme zu erkennen ist, dass die Knochenstücke nicht verschoben sind , sondern noch sauber aufeinander sitzen.

Alternativ kann man einen medullären Pin benutzen, einen sogenannten „Marknagel“ der bei einem gebrochenen Knochen durch das Knochenmark geschoben wird und damit den Knochen von innen stabilisiert.

Eine weitere Methode ist Mittels Platte und Schrauben die Knochenstücke wieder miteinander zu verbinden.

Bei sehr komplizierten Brüchen oder solchen, die eine Gelenkbeteiligung haben, kann auch externer Fixateur erstellt werden. Der externe Fixateur ist eine aufwendige Konstruktionen aus Metallpins, Draht und einer Gips ähnlichen Masse, die teilweise von außen durch die Haut ragen und somit im Knochen und außerhalb des Körpers (daher extern) für Stabilität sorgen.

In Lisas Fall war die Methode der Wahl den Bruch mit Platte und Schrauben zu fixieren.

Nachdem der OP also vorbereitet war, konnte Lisa in Narkose gelegt werden. Die OP war zwar nicht gerade einfach, denn schräg verschobene Knochenstücke wieder sauber aufeinander zu legen und zu befestigen – und das auch noch bei einem kleinen Zwergpudel – Ärmchen! – ist kein Kinderspiel, doch am Ende hat alles genauso funktioniert wie von Dr. Fingerhuth erhofft. Lisas Armbruch wurde mit einer 7 Lochplatte und insgesamt 5 Schrauben gerichtet. Das Röntgenbild nach der OP bestätigte dann endgültig: sitzt, passt ,wackelt nicht und hat keine Luft!

Lisa ist mit dieser Fraktur leider kein Einzelfall. Unterarmfrakturen sind Unfälle die sehr oft bei kleinen und Zwerg- Hunderassen vorkommen. Problematisch daran ist, dass am Unterarm nicht sehr viel Gewebe um den Knochen herum liegt. Der Arm besteht sprichwörtlich beinahe nur aus Haut und Knochen. Für die Heilung eines gebrochenen Knochen bildet der Körper sogenanntes Kallusgewebe. Dieser Kallus entsteht, weil Blutgefäße und andere Strukturen zum Defekt „hinziehen“ und dort an der Heilung arbeiten. Es liegt also nahe, dass dieser Prozess seeehr viel länger braucht, wenn um den Knochen herum nicht sehr viel Gewebe liegt, was „Zulieferungsmaterialien“ zur Verfügung stellen kann. Im schlimmsten Fall kommt es also zu einer Knochenheilungsstörung oder sogar zu einer Osteolyse (Abbau von Knochensubstanz). Daher sollten im Falle einer Fraktur auch nach erfolgreicher OP regelmäßige Röntgenkontrollen stattfinden.

Anschließend gab es für Lisa noch einen kleinen Stützverband. Nachdem sie sich von der Narkose wieder vollständig erholt hatte und es ihrem Kreislauf gut ging, durfte sie auch in die häusliche Pflege entlassen werden. Die postoperative Betreuung zu Hause nach einer Fraktur OP ist für Besitzer besonders anspruchsvoll. Der kleine Patient muss ruhig gehalten und geschont werden. Bei uns Menschen ist das schon etwas leichter: „Jetzt halten sie eine Woche das Bein komplett ruhig, danach dürfen sie bis maximal 10kg belasten. Jede Woche steigern.“

Erzählen sie das mal einem kleinen, quirligen Hund der noch nicht mal ein Jahr alt ist! Doch Lisas Besitzer sind sehr liebevoll und fürsorglich und behalten ihren kleinen Schatz streng im Auge. Bisher zeigte jede Nachkontrolle, dass einer einwandfreien Heilung nichts im Wege steht.

Wir wünschen Lisa weiterhin gute Genesung und hoffen, dass sie bald wieder herum toben und springen darf, wie es sich für einen Hund in dem Alter gehört!

 

 

 

Lisas Unteramfraktur vor der OP

 

 

 

Lisas Unterarmfraktur nach der OP