Alle Jahre wieder: Brut- und Setzzeit

Diesen Monat geht es um ein Thema, an dem eigentlich kein Hundehalter vorbei kommt. Die Brut- und Setzzeit sollte jedem Hundebesitzer ein Begriff sein. Während dieser Zeit brüten Vögel ihr Eier aus und Wildtiere wie zum Beispiel Rehe, Füchse und Hasen bringen ihre Jungen zur Welt.

Unser Patient des Monats ist ein kleines Rehkitz, dem es – Achtung! Vorgreifendes Ende! – leider nicht vergönnt war erwachsen zu werden.

Die Brut- und Setzzeit beginnt in den meisten Bundesländern am 01.04 und endet meistens Mitte oder Ende Juli. Jede Gemeinde informiert in der Regel in der örtlichen Zeitung über den Beginn dieser Zeit und auch draußen an den Wald- und Feldrändern stehen entsprechende Warnhinweisschilder. Damit die Vögel und jungen Wildtiere ungestört ihre Sprösslinge großziehen können, gelten bestimmte Verordnungen. Zuhause bedeutet das für uns Menschen, das Gehölz im Garten wie Bäume und Hecken nicht zu radikal mit der Motorsäge zu stutzen, damit die Vögel ungestört in ihren Nestern die Eier ausbrüten können. Mit den Gartengeräten könnten Nester und Eier beschädigt werden, laute Geräusche und Erschütterungen können Vögel aber auch so verschrecken, dass die Muttervögel die Nester verlassen.

Für Hunde bedeutet die Brut- und Setzzeit draußen vor allem eins: eine vorübergehende Pause vom freien Laufen und Spielen. Es herrscht Anleinpflicht. Nicht in allen Bundesländern gilt die allgemeine Leinenpflicht, es gibt für jedes Bundesland und verschiedene Kommunen Regelungen, die bei der Gemeinde erfragt werden können. In manchen Gemeinden ist das führen einer Schleppleine bis zu einer gewissen Länge noch gestattet.

Soweit zum allgemeinen Thema Brut- und Setzzeit. Nun zu unserem Patienten. Natürlich halten sich nicht alle Hundehalter an die vorgegebene Leinenpflicht. So kam es dazu, dass uns eine Wildtierrettung kontaktierte, ob wir die Hinterbeinfraktur eines geretteten Kitzes chirurgisch versorgen können. In der Vergangenheit haben wir in unserer Praxis schon solche Verletzungen behandelt. An erster Stelle steht dabei allerdings, dass der Eingriff für ein Wildtier vertretbar ist. Das Tier muss nach der OP in der Lage sein, theoretisch wieder in freier Wildbahn eigenständig lebensfähig zu sein.

Also vereinbarten wir mit der Kitzrettung zunächst einen Termin zum allgemeinen Check Up und zum Röntgen.

Die Röntgenaufnahme bestätigt jedoch den Tastbefund von der Voruntersuchung: die Fraktur war extrem kompliziert. Es handelte sich um multiple (mehrfache) Trümmerfrakturen, teilweise bis ins nächste Gelenk ziehend. Der Verdacht, dass dieses Trauma durch einen Biss entstanden ist, lag nahe. Einbisse an der Haut waren bereits bei der Untersuchung an der Haut zu sehen.

Eine Amputation des Hinterbeins kam für uns nicht in Frage. Einem Wildtier ein Bein abzunehmen, dass danach nicht mehr eigenständig leben kann ist nicht unser Verständnis von Tierschutz. Das einzige, das wir also noch für das Rehkitz tun konnten, war die Euthanasie.

Abschließend gibt es hier also noch einen Appell, an alle Hundebesitzer: bitte gebt während der Brut- und Setzzeit auf eure Hunde Acht! Wenn der Rückruf nicht zu 100% sitzt, sollte der Hund lieber an der Leine bleiben. Er sollte nicht außer Sichtweite des Besitzers alleine durch Felder oder hohe Gräser streifen. Rehe legen ihre Kitze oft in hohe Gräser oder Felder und begeben sich dann auf Futtersuche. Das Tier liegt also schutzlos und alleine im Gras und kauert sich bei drohender Gefahr eher zusammen, als die Flucht zu ergreifen. Selbst wenn Hunde nicht aggressiv sind oder einen stark ausgeprägten Jagdtrieb haben, ist rennen und spielen absolut tabu. Es verschreckt die Tiere und scheucht sie auf! Ob der Hund im Feld ein Rehkitz beißt, vielleicht auch nur aus Reflex oder Schreck, muss man als Besitzer auf dem Weg nicht unbedingt mitbekommen. Die Hunde können Wildtiere verletzen oder zu Tode hetzen, ohne dass man dies bemerkt.

Daher gilt: Vorsicht ist besser als Nachsicht! Wir bitten alle Hundehalter, sich die Vorgaben der örtlichen Kommunen zu Herzen zu nehmen, und Rücksicht auf unsere Natur und Wildtiere zu nehmen. Es geht ja schließlich auch nur einen begrenzten Zeitraum.

 

 

Bambi kurz nach dem Fund

 

 

 

 

Röntgenbild der Trümmerfraktur